Nachfolge rechtzeitig planen

Unternehmer müssen frühzeitig klären, welche Nachfolgevariante für sie infrage kommt. Besonders familieninterne Lösungen erfordern eine lange Vorbereitung, aber auch ein Verkauf kann zeitintensiv sein.

Unternehmenssicherung hat viele Aspekte: Es fängt bei der Schaffung und Bewahrung entscheidungsfähiger Gesellschafterstrukturen an, geht über zukunftsträchtige Geschäftsmodelle, effiziente Führungsstrukturen, geeignetes (Führungs-)Personal, solide bilanzielle und finanzielle Verhältnisse bis hin zum Thema der rechtzeitigen Nachfolgeregelung bei mittelständischen Familienunternehmen. Nachfolge kann bedeuten, dass sowohl die Geschäftsführerposition als auch die Gesellschafterfunktion gleichzeitig in neue Hände gelegt werden. Es kommt aber auch oft genug vor, dass die Altgesellschafter noch für eine Übergangszeit als Geschäftsführer oder Berater zur Verfügung stehen – auch und besonders deshalb, um die oft auf eine oder wenige Personen konzentrierten Kunden-kontakte vertrauensvoll zu übergeben.

Die Nachfolge kann familienintern, unternehmensintern oder extern umgesetzt werden.
Kombinationen sind denkbar, aber eher selten. Gemäß einer empirischen Studie der Zeppelin-Universität Friedrichshafen sind drei Viertel der Kinder von Familienunternehmern bereit, im familieneigenen Unternehmen Führungsverantwortung, und damit dann wohl auch die Gesellschaftsanteile, zu übernehmen.

Es verbleiben nach einer Schätzung des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn jährlich dennoch Tausende von Unternehmen, deren Eigentümer zur Sicherung des Unternehmens nach Eintritt in den Ruhestand eine externe Unternehmensnachfolge suchen, das heißt einen Unternehmensverkauf anstreben, oder aber das Unternehmen liquidieren müssen. Jährlich müssen 5.000 Familienbetriebe schließen, weil kein Nachfolger zur Verfügung steht. Es ist also rechtzeitig zu klären, welche Nachfolgevariante in Frage kommt, um eine Schließung möglichst zu vermeiden.

Laut einer Umfrage der IHK Frankfurt zur Unternehmensnachfolge aus dem Jahr 2011 waren 62 Prozent der Befragten der Meinung, der Unternehmer sollte sich spätestens ab dem 50. Lebensjahr mit seiner Nachfolgeregelung beschäftigten. Der Prozess der Unternehmensübergabe wurde von 71 Prozent mit circa fünf Jahre eingeschätzt. Interessant in diesem Zusammenhang ist die Aussage, „emotional nicht loslassen können“ (24 Prozent, höchste Einzelnennung) sei die größte Herausforderung bei der Unternehmensnachfolge.

Bei der familieninternen Variante treten spezifische Probleme mit vermutlich längeren Zeitachsen auf. So müssen die Kinder das Unternehmen nicht nur übernehmen wollen, sondern dafür auch die nötigen Befähigungen haben. Dies kann die frühzeitige Entscheidung für einen bestimmten Studiengang bedeuten, ebenso wie oftmals Auslandsaufenthalte und Praktika bei befreundeten Unternehmen anzutreffen sind, bevor Sohn oder Tochter in das elterliche Unternehmen eintreten. Außerdem sind Erbschafts- und Schenkungssteuer zu beachten, die Form der Kaufpreiszahlung festzulegen, eventuelle Satzungsänderungen vorzunehmen, Personal und Führungskräfte auf den Eintritt vorzubereiten und schließlich Zeitachsen – mit Milestones – für den finalen Übergabezeitpunkt zu definieren.

Die unternehmensinterne Variante (Management Buy Out, MBO) unterscheidet sich davon deutlich. Der oder die Nachfolger sind in der Regel schon lange im Unternehmen tätig, haben ihre Fähigkeiten unter Beweis gestellt und sind sowohl im Unternehmen als auch bei Kunden und Lieferanten bekannt. Oftmals fehlen ihnen aber die nötigen Finanzierungsmittel, um eine Kaufpreiszahlung darzustellen. Häufig helfen in dieser Situation Beteiligungsgesellschaften (Private Equity) aus. Diese erwerben zunächst die Mehrheit der Anteile, geben dem oder den MBO-Managern aber im Laufe der Zeit Gelegenheit, weitere Anteile zu erwerben, bis hin zur 100-Prozent-Situation.

Die schwierigste Variante ist sicherlich die externe Lösung durch den Verkauf des Unternehmens an fremde Dritte. Für eine sorgfältige Planung des eigentlichen Verkaufsprozesses werden auch hier oftmals mehrere Jahre benötigt. Das Unternehmen muss verkaufsbereit gemacht werden. So ist zum Beispiel das Geschäftsmodell auf Zukunftsträchtigkeit zu trimmen, Abhängigkeiten von einzelnen Kunden und Lieferanten müssen reduziert werden, eventuell ist eine zweite Führungsebene einzubauen, Bilanz- und Finanzierungsstrukturen sind zu optimieren und manches mehr. Für den eigentlichen (Kern-)Prozess sind alsdann neun bis zwölf Monate einzuplanen.

Der Kernprozess lässt sich in fünf Phasen unterteilen: Vorbereitungsphase, Analysephase, Vermarktungsphase, Verhandlungsphase und Abschlussphase. Hierbei kann die Übergabe in jeder dieser Phasen scheitern: Die Vorbereitung ist zum Beispiel lückenhaft, das Unternehmen wird falsch analysiert, es werden die falschen potenziellen Interessenten angesprochen, es wird nicht professionell verhandelt, mit verheerenden Auswirkungen auf den Kaufpreis, und beim Abschluss des Vertrags wird die Unterschrift mit der Rechtswirksamkeit verwechselt. Zumindest diese Variante der Nachfolgeregelung sollte deshalb keinesfalls ohne fachkompetente Beratung durchgeführt werden. Ansonsten könnte es die teuerste Fehlentscheidung des Unternehmers werden.

Sowohl bei der Frage, welche Variante der Nachfolgeregelung zu bevorzugen ist als auch bei der Realisierung der jeweiligen Variante kann das Expertennetzwerk der IHK Frankfurt helfen; dabei handelt es sich zum Beispiel um Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Transaktionsexperten. Seit einigen Jahren bietet die IHK Sprechtage zur Unternehmensnachfolge an – ein marktgerechter Service also, der auch rege genutzt wird. Immerhin sollen laut Institut für Mittelstandsforschung in den nächsten Jahren deutschlandweit pro Jahr 71.000 Unternehmen mit 907.000 Beschäftigten übergeben werden.

 

 

Autoren

Dr. Wolfgang W. Thiede
Geschäftsführender Gesellschafter, HT FINANZ-und Beteiligungsmanagement, Bad Homburg
w.thiede@htfinanz.de

Dr. Karl-August Kaiser
Senior Partner, HT FINANZ- und Beteiligungsmanagement, Bad Homburg
k.kaiser@htfinanz.de

 

Dieser Artikel ist erschienen im IHK WirtschaftsForum, Unternehmermagazin für die Region FrankfurtRheinMain, Juni 2016